Aus alemannischer Mundart wird arabische Lyrik
Mundartdichter Jung begeistert Gymnasiasten in Rheinfelden
Am Freitag vor den Osterferien hielt Deutschlehrer Philipp Brotz für die 10b des Georg-Büchner-Gymnasiums Rheinfelden ein besonderes Geschenk bereit. Der Schopfheimer Mundartdichter Markus Manfred Jung las aus seinen Texten und übersetzte sie mit den Schülern in sechs Sprachen.
Die letzten beiden Stunden vor den Osterferien verliefen für die Zehntklässler anders als gewohnt. Anstelle gewöhnlichen Deutschunterrichts fand eine Dichterlesung in ihrem Klassenzimmer statt. Mit Markus Manfred Jung war einer der bedeutendsten alemannischen Mundartdichter zu Gast. Jung, im Brotberuf selbst Deutschlehrer am Gymnasium in Schopfheim, kam schnell mit den Schülern ins Gespräch. Die erste von ihm vorgetragene Geschichte handelte davon, wie er sich in jungen Jahren manchmal seines alemannischen Zungenschlags geschämt habe. Jung fragte die Schüler, ob sie ähnliche Erfahrungen gemacht hätten. Schnell zeigte sich, dass bei vielen sprachliche Erfahrungen nicht mit der alemannischen Mundart, sondern mit einer anderen Herkunftssprache zusammenhingen. Von dieser durften sie dann auch Gebrauch machen, als es darum ging, acht von Jungs Gedichten ins Hochdeutsche und in die Sprache des eigenen Elternhauses zu übersetzen. In Gruppen trugen die Schüler Jungs Texte anschließend in der Mundart, aber auch in einer albanischen, arabischen, kroatischen, russischen und tamilischen Übersetzung vor. Im Austausch über das Übersetzte zeigte sich, dass Jungs Lyrik nicht nur von ihrem Sprachwitz lebt, sondern auch von großer Symbolkraft getragen wird. So handelt seine „Apfelweise“ (öpfel wiis) vom Schälen eines Apfels und vom Leben zu gleich: Der Schälende gewinnt der Frucht ein immer länger werdendes Schalenstück ab und stößt ins Fruchtfleisch vor, bis der letzte Vers vermeldet: „de cherne chunnt“ – der Kern kommt. Auch Deutschlehrer Philipp Brotz zeigte sich beeindruckt von Jungs Gedichten. Vor einigen Monaten hat er mit seiner 10b einen Streifzug durch die deutschen Dialekte und die deutsche Sprachgeschichte vom Althochdeutschen über das Mittelhochdeutsche bis zur Gegenwart unternommen. Das theoretisch erworbene Wissen aus einer alemannischen Kehle bestätigt zu hören, war für die Schüler und ihn eine willkommene Abrundung. Am Ende waren sich alle einig: eine tolle Lesung, nächstes Schuljahr gerne wieder.